Geschichte der niederländischen 'Braunen Flotte'
Fast alle Städte in Holland haben ihre eigenen Schiffstypen, die sowohl
lokal wie regional eine lange Entwicklung hinter sich haben. Die zahlreichen Gewässer
ermöglichten den Personen- und Güterverkehr übers Wasser.
Hauptsächlich wurden drei Schiffstypen gebaut:
Fischer-,
Fracht- und
Seeschiffe
Die Fischerkähne waren wieder in drei Typen eingeteilt:
Binnengewässer,
Zuidersee und
Hochseeschiffe.
Binnengewässerschiffe wie die Schouw, Grundel, Tjotter und Punters
wurden nicht nur zum Fischen gebraucht, sondern auch oft als Arbeitskähne auf
Bauernhöfen. Da die maximale Länge 6 m ist, konnten Sie überall hinkommen und außerdem
hatte jede Gegend ihren Schiffstyp auf die jeweiligen lokalen Umstände abgestimmt. Dieses
zeigt sich auch heute noch in den verschiedenen Schiffsbautraditionen.
Die Fischerschiffe der Zuidersee mußten höhere Anforderungen erfüllen,
da Sie seetüchtig sein mußten und oft mehrere Tage auf dem Meer blieben. So wurden Botter,
Lemmeraaken, Pluten, Hoogaarsen, Stavorener Jollen, Kwakken und Hengsten für die
Zuidersee gebaut. Eines der meistbenutzten Fischerschiffe war der Botter. Es gab sowohl
Südufer- als Westuferbotter. Die Süduferbotter waren kleiner und hatten Huizen,
Harderwijk und Elburg als Heimathafen. Die Westuferbotter gab es vor allem in Hoorn,
Marken und Volendam, wo der größte Botter, der Kwak, eingesetzt wurde, da die westliche
Zuidersee viel tiefer ist als die östliche.
Die Lemmeraak hat sich aus dem Botter entwickelt. Sie ist ein sehr
schnelles und seetüchtiges Schiff. Der Grund dafür liegt darin, daß Lemmer mit dem
vorwiegend aus dem Westen wehenden Wind immer auf Lagerwall liegt. Dies stellte hohe
Anforderungen an Seetüchtigkeit und daher mußte der Botter angepaßt werden. Ein anderes
Beispiel dieser Anpassungen ist die Stavorener Jolle, die als einziges Schiff in
den Niederlanden keine Seitenschwerter bekam, sondern einen Kiel. Dieses kleine Schiff
wurde speziell für die oft rauhe See in Stavoren gebaut.
Die Hoogaarsen und Hengste sind eigentlich nur geeignet für das
Gezeitengebiet in Zeeland.
Alle Fischerboote wurden damals aus Eichenholz gebaut. Nachdem die
Zuidersee abgeschlossen war, nahm die Zahl der Fischerboote schnell ab. Ursache dafür
war, daß der Fischstand zurücklief und die Schiffe nicht mehr gewartet wurden. Hinzu
kam, daß Süßwasser im Gegensatz zum Salzwasser das Holz nicht konservierte. Heute sind
glücklicherweise alle übriggebliebenen Schiffe restauriert und dabei werden auch neue
Replicas als Vergnügungsjachten gebaut. Von den Fischerbooten, die auf der Nordsee
fuhren, sind leider nur noch einige übriggeblieben, nämlich der Logger und der Blazer.
Der Logger ist das einzige Kielschiff, das in Holland fuhr. Er
wurde hauptsächlich bei der Heringfischerei eingesetzt. Besonders während des Ersten
Weltkrieges wurden viele Exemplare nach französischem Beispiel gebaut, denn die
Lebensmittel waren knapp und für Fisch wurde gutes Geld bezahlt. Die Vlaardinger Werft
"Figee" baute die meisten Logger. Das Schiff war an der westeuropäischen Küste
eine allgemeine Erscheinung. Von den ca. 400 Loggern, die gebaut wurden, sind noch etwa
ein Dutzend erhalten geblieben.
Der Blazer ist ein typisches holländisches Schiff mit
Seitenschwertern. Er wurde bei der Küstenfischerei eingesetzt und hat sich aus dem Botter
entwickelt. Leider sind nur noch zwei von diesen robusten Schiffen erhalten geblieben. In
einem sehr schweren Sturm gingen allein schon 20 Schiffe aus den Fischerdörfern Paesens
und Moddergat unter. Auf der Karte des Wattenmeers ist immer noch die Reede von Paesens
und Moddergat eingezeichnet. Dort wurde auch ein Museum, zur Erinnerung an dieses
menschliche Drama, eingerichtet.
Frachtschiffe sind auf verschiedene Weisen nach Typen einzuteilen; man
unterscheidet nach Herkunft, Landungsorte oder Fahrgebiete. Die Trennungslinien lassen
sich jedoch oft schwierig ziehen. Hier folgt eine Zusammenfassung von Frachtschiffen, die
zu Charterschiffen umgebaut worden sind:
Stroh-Kahn: Dieses Schiff wurde speziell für den Transport von
Stroh, Schilfrohr und Heu gebaut. Er wurde hauptsächlich in Südholland eingesetzt und
zeichnet sich durch seinen geringen Tiefgang und die relativ geringe Breite im Verhältnis
zur Länge aus. Es sind nur wenige Exemplare erhalten geblieben.
Groninger Bolpraam: Dieses Schiff wurde vor allem in den
Moorgebieten von Drente und Groningen eingesetzt. Mit diesem sehr einfachen
Plattbodenschiff wurden hauptsächlich Torf und Kartoffeln vom Binnenland zu den
größeren Häfen transportiert, wo die Ladung auf größere Schiffe gelöscht wurde.
Hasselter Kahn: Der Hasselter Kahn wurde in Dedemsvaart und
Zwartsluis gebaut. Die größeren Kähne fuhren auf den Flüssen und manchmal auf der
Zuidersee. Die Schiffe sind leicht von Gewicht, haben einen geringen Tiefgang und
transportierten Torf, Muscheln und Agrarprodukte. In Dedemsvaart, eine kleine Moorkolonie,
gab es drei Werften, die diese Schiffe bauten. Es gab dort etwa 40 Kähne. Unter den
Kähnen und Prahmen war der Hasselter Kahn der größte; die anderen wurden nur in der
direkten Umgebung gebraucht und hatten keine Unterkunftsmöglichkeiten.
Friesische "Skutsje": Sie ist der kleinste Sprößling
aus der großen Tjalken-Familie. Sie wurde hauptsächlich in Friesland benutzt und ihre
Ladung bestand aus Warfterde, Düngmist und Torf. Sie ist ein schnelles Stromlinienschiff.
Jedes Jahr wird in Friesland noch das traditionelle "Skutsjesilen",
Segelwettkämpfe für Skutsjes organisiert. Vor allem bei straffem Wind ist dies ein
spektakuläres Ereignis.
Seetjalk: Die Seetjalken wurden an verschiedenen Orten gebaut;
deswegen gibt es viele unterschiedliche Typen. Das Fahrgebiet umfaßte die ganzen
Niederlande. Sie transportierten die verschiedensten Frachten über das Wattenmeer, die
Zuidersee und den Binnengewässern. Die maximale Abmessung 24m x 5,10m hing mit der
Schleusengröße zusammen.
Kufftjalk: Von diesem Schiffstyp sind nur 5 Exemplare erhalten
geblieben. Es sind robuste Schiffe, die hauptsächlich nach Skandinavien und auf der
Nordsee fuhren. Meistens wurden Holz, Kohle, Salz und Getreide befördert. Vor allem in
Groningen wurden viele Kufftjalken gebaut und gerade hier hatten viele Küstenschiffe
ihren Heimathafen.
Der Klipper ist ein völlig anderer Schiffstyp als die
obengenannten Schiffe. Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden viele Frachtschiffe
motorisiert und stellten somit eine große Bedrohung für die Segelschiffe dar. Die
Entwicklung der Segelschiffe war einige Zeit zum Stillstand gekommen und wurde durch die
industrielle Revolution nicht besonders gefördert.
In England und Amerika fuhren die Tee- und Wollklipper. Das waren
Schiffe aus Eisen mit einer modernen Takelage und modernen Hilfsmitteln. Nach Beispiel
dieser Schiffe wurde auch der niederländische Binnenklipper gebaut. Dieser kennzeichnet
sich nicht nur durch den eisernen Rumpf (bis ca. 1870 wurde im Schiffsbau nur Holz
verwendet), sondern auch durch einen speziellen Vor- und Hintersteven. Um diese Zeit etwa
wurde der erste Klipper in Fahrt genommen.
Rivierklipper: Dieses Schiff ist relativ lang (max. 48m) im
Verhältnis zu seiner Breite und fuhr hauptsächlich auf dem Rhein. Die Ladung bestand vor
allem aus Umschlaggütern für das Ruhrgebiet aus den niederländischen Seehäfen. Auf der
Rückfahrt transportierten diese Schiffe Kohle und Industrieprodukte. Der Rivierklipper
wurde meistens als Zweimaster gebaut.
Seeländischer Klipper: Dieses Schiff hat einen größeren Tiefgang
und ist relativ breit im Verhältnis zu seiner Länge. Er wurde vor allem in Zeeland und
Südholland gebaut und eingesetzt. Wegen des Fahrgebietes wurden an die Seetüchtigkeit
höhere Ansprüche gestellt. Die Ladung bestand meistens aus Agrarprodukten
(hauptsächlich Rüben) und Umschlaggütern aus Antwerpen und Rotterdam.
Klipperkahn: Dieser Schiffstyp ist eine Klipper, Tjalk und Kahn
Simbiose. Er wurde vor allem in Zwartsluis gebaut und fuhr im selben Gebiet wie der
Hasselter Kahn und die Tjalken.
Von den Seeschiffen wurden schon die Kufftjalk und der Logger
als Fischerboot genannt. Der Logger wurde auch als Frachtschiff eingesetzt. Das
bekannteste Seeschiff ist aber der Schoner. Viele Schoner wurden in Groningen
gebaut, da die Groninger hinsichtlich der Küstenschiffahrt eine lange Tradition hinter
sich haben. Es gibt kleine Dörfer in dieser Provinz, wie z.B. Gasselternijeveen, die auf
den ersten Blick nichts mit Wasser zu tun haben, die aber für manches Schiff den
Heimathafen bilden.
Schoner: Diese Schiffe fuhren in der Trampschiffahrt durch ganz
Europa und sogar nach Amerika. Als Zwei- und Dreimaster zeichnen sie sich durch ihre
Takelage mit höheren Vorder- und Hintermast. Die Schoner haben keine Seitenschwerter und
wurden nach einem Beispiel des amerikanischen Teeklippers gebaut.
Schonerkahn: Der Schonerkahn wird manchmal auch Seeklipper genannt,
weil dieser großer Klipper der Seefahrt angepaßt und mit Seitenschwerten ausgestattet
wurde, konnte diese Schoner auch weiter Landeinwärts. |